dirk königsfeld

     
   
    In den Fotografien von Dirk Königsfeld werden Orte zu Lichträumen. Urbane, alltägliche Außenräume wie Wohnhäuser, moderne Bürogebäude, Industriebauten, Garagen oder Straßensituationen werden bei Dunkelheit in ihrer vorgefundenen Lichtsituation aufgenommen.

Zuweilen mag man kaum glauben, dass diese nächtlichen Szenerien vom Künstler einfach so vorgefunden werden, so perfekt scheinen manche Orte ausgeleuchtet. Die künstliche Helligkeit erzeugt eine eigentümliche, fast irreale Stimmung. Die Orte werden ihrer Alltäglichkeit beraubt, und es entstehen modellhafte Räume, die, obwohl dokumentarisch, merkwürdig verfremdet und inszeniert erscheinen. Der kühle Rationalismus der Gebäude und die Abwesenheit von Menschen lassen die Motive wie erstarrte, leblose Kulissen wirken. Hier wird mit den Mitteln der Fotografie eine Realität abgebildet, die alles Natürliche künstlich erscheinen lässt. Gleichzeitig verwandelt die Licht- und Farbgebung diese urbanen Landschaften in atmosphärisch aufgeladene Räume, die zu Projektionsflächen werden. Ähnlich wie im Film sehen wir uns "Locations" gegenübergestellt, markanten Schauplätzen, die fast unweigerlich Geschichten auslösen.

Die Spannung der Bildkompositionen resultiert vor allem aus dem Zusammenwirken verschiedener Lichtsituationen, seien es Außenbeleuchtungen, die von Straßenlaternen oder Hofeinfahrten herrühren, oder Innenbeleuchtungen, die aus Fluren oder Fenstern dringen. Das Licht akzentuiert und moduliert den Raum, verändert Farbwerte und erzeugt neue. Dabei bestimmen die vorhandenen Lichtquellen, was - und vor allem wie - etwas zu sehen ist. Auch wenn sie nicht direkt in den Fotografien auftauchen, sind sie doch indirekt über Reflexionen und Schattenführungen wahrnehmbar und lokalisierbar. Alles, was sich nicht in ihrer Reichweite befindet, verschwindet in der Dunkelheit. Wie immaterielle Wände rahmen die Lichtzonen das Geschehen ein, fügen dem realen Raum eine neue Ebene hinzu und formieren ihn neu. Gleichzeitig zerfällt der fotografische Raum entsprechend den Gesetzen der Zweidimensionalität in Linien, Flächen, Strukturen und Farben. Je nach Ausschnitt, Perspektive und Lichtführung alternieren die Motive zwischen Raum und Fläche, kippen vom vermeintlich realen Abbild immer wieder auch in formale Arrangements. Die Fotografien von Dirk Königsfeld bewegen sich in eben jener Spannung zwischen sachlicher Dokumentation und einer artifiziellen, fast bühnenhaften Erscheinung.

Maria Anna Tappeiner